Heute
habe ich mal etwas ganz anderes vor als sonst. Und zwar möchte ich
euch die Gedanken, Einsichten, vielleicht auch tieferen Wahrheiten
verraten, die in meinem Gedicht „Jenseits der Angst“ stecken.
„Jenseits der Angst“ ist mein momentaner Lieblingstext von mir,
eben gerade wegen den darin versteckten Bedeutungen, die ich fein
säuberlich in kryptischer Bildersprache verborgen und verschlüsselt
habe.
Inspiriert
wurde „Jenseits der Angst“ vor allem von einer Vision/ einem
Tagtraum/ einem Bild aus meinem Unterbewusstsein (ihr dürft euch für
die Variante entscheiden, mit der ihr euch am meisten wohl fühlt),
aus der ich für mich die Erkenntnis gezogen habe, dass der Platz, an
dem ich jetzt gerade in meiner Beziehung bin, immer genau der
richtige Platz im Hier und Jetzt ist.
Und
Beziehung heißt für mich nicht unbedingt partnerschaftliche
Beziehung... Im Gegenteil: ich kann mich vielleicht gerade von meinem
Partner als Partner getrennt haben und dann ist auch das in der
Beziehung zwischen uns als Menschen oder Seelen gerade der genau
richtige Platz. Auch das alte Ehepaar vorm Fernseher, das gemeinsam
im Schweigen versinkt, ist gerade genau am richtigen Platz. Und auch
die zwei besten Freunde, die seit drei Jahren kein Wort mehr
miteinander geredet haben, sind am genau richtigen Punkt in ihrer
Beziehung. Genau jetzt für den Augenblick.
Meine
Vision oder meine inneren Bilder haben sich auch tatsächlich auf
jemanden bezogen, mit dem ich damals im Leben nicht in Kontakt stand.
Diese Person, dieser Mann führte mich in einen dunklen Wald und dort
zu einem Baum, vor dem eine weiße Leiter stand. Die bin ich dann
auch hoch gestiegen, habe den Arm zum Himmel gehoben, einen
Lichtstrahl aufgefangen und an ihn weiter gegeben, der dann den Wald
golden getanzt hat. Bis dahin also ein sehr schönes Bild, das mir
mein Unterbewusstsein gemalt hat, sehr symbolisch natürlich auch,
aber unbestreitbar schön.
Naja,
dann hätte ich als Mensch Jule aber gerne gesehen, wie ich die
Leiter verlasse und zurück auf den Boden und eben auch zu dem Mann
zurückkehre. Und das Lustige und Geniale an diesen Bildern aus dem
Unterbewusstsein ist aber, dass sie wirklich einen eigenen Willen und
eigene Gesetze haben. Natürlich kann ich bewusst ein Bild erzeugen,
das mich auf dem Boden zeigt, aber dann ploppt eben wirklich eine
Viertelsekunde später wieder ein Bild von mir auf der Leiter auf,
das sich dann auch nicht verscheuchen lässt.
Irgendwann
hab ich das dann auch bewusst akzeptiert, dass ich von der Leiter,
von dem Baum anscheinend noch nicht runter soll und genau dann
(natürlich!!!) hat sich das Bild verändert. Ich habe mich zwar
immer noch nicht gesehen, wie ich den Baum verlasse, aber ich konnte
zum ersten Mal den Baum bewusst wahrnehmen.
Mit
dem Bild davor hatte ich mich nicht richtig wohl gefühlt. Ich hatte
das Gefühl gehabt, ich bin zu weit weg von dem Mann, ich hatte
Angst, getrennt zu sein. Und das veränderte Bild hat mir dann aber
den Baum ganz klar gezeigt, hell, eine Linde oder eine Birke und
irgendwie beides gleichzeitig, alles ganz sommerlich und freundlich
und frei und leicht. Der Baum hat mir vielleicht ein bisschen zu sehr
geschwankt für jemanden, der nicht schwindelfrei ist ;-), aber auch
daran habe ich mich gewöhnt. Und ich konnte sehen, dass ich an einem
tollen Ort bin, an einem Platz, an dem ich mich wohl fühlen kann,
den ich genießen kann.
Und
die Message, die ich daraus gezogen habe, war zum Einen, dass ich nie
wirklich getrennt bin und es nur die Angst vor Trennung ist, die
überhaupt erst Trennung schafft (dazu ein anderes Mal mehr). Zum
Anderen, dass eben der Ort, der Platz, an dem ich gerade bin, in
meiner Beziehung (und ich bin immer in einer Beziehung, ich kann gar
nicht nicht in einer Beziehung sein, dazu aber auch ein anderes Mal
mehr) auch genau der richtige Ort ist, auch wenn es vielleicht auf
den ersten Blick überhaupt nicht so aussieht und sich auch nicht so
anfühlt.
Ich
war quasi ein bisschen wie die Braut, die vor lauter Angst, dass der
Bräutigam sie noch kurz vor der Hochzeit verlassen könnte oder
sonst noch irgendwas schief geht, das Brautkleid aussuchen und
anprobieren nicht genießen kann. Und die Mädels stimmen mir
bestimmt zu, dass das wirklich überaus tragisch ist ;-)
Um
es mal konkret auf die Beziehungsebene zu bringen, könnte es dann
zum Beispiel so aussehen, dass ich gerade in einem absolut heftigen
Streit mit meinem Partner bin, bei dem Tassen durch die Gegend
fliegen (oder auch nicht), und da mitten drin zu sein fühlt sich
vielleicht erst Mal nicht gut an, aber auf den zweiten Blick tut es
vielleicht uns beiden immens gut, mal Dampf abzulassen. Und das kann
und darf ich dann auch genießen.
Ich
bin auch vor allem deshalb auf die Idee gekommen, das hier heute
aufzunehmen, weil ich mich selber erst vor kurzem an diese Erkenntnis
erinnert hatte. Erinnert deshalb, weil ich sie (natürlich) vergessen
hatte. Ich bin gerade in meinen Beziehungen an dem schönen Punkt,
dass ich mich wirklich tief auf einige Menschen eingelassen habe, ich
fühle mich also vielen Menschen in meinem Leben gerade sehr nah, was
sehr schön ist. Und in letzter Zeit durfte ich aber auch erleben,
dass Nähe oft eben auch ein Einssein im Schmerz bedeutet. So war das
bei mir in letzter Zeit und ich habe da schon ein bisschen damit
gehadert...
Ich
habe gemerkt, dass der ganze Schmerz, der da in manchen meiner
Beziehungen einfach da ist, doch wirklich viel von meiner
Leichtigkeit und Lebensfreude geschluckt hat. Und ich konnte diesen
Schmerzpunkt, an dem ich war, definitiv nicht als einen Punkt
empfinden und sehen, an dem ich gerne bin oder freiwillig sein will.
Dann
ist mir aber zum Glück bewusst geworden, dass unter dem Schmerz und
so halb in den hinein gewoben einfach ganz viel Nähe ist. Je näher
man jemandem ist, desto näher ist man eben auch automatisch irgendwo
dessen Abgründen, Ängsten, Schmerzen, seiner Wut, seiner
Traurigkeit. Ich wollte aber immer tiefe Bindungen in meinem Leben
haben und die reichen dann irgendwo notgedrungen auch bis in die
Schmerztiefen hinein.
Und
als ich den Schmerzpunkt als einen Einssein-im-Schmerz oder einen
Sich-Nah-Sein-im-Schmerz-Punkt sehen konnte, hat sich wundersamer,
aber eigentlich auch gar nicht so erstaunlicher Weise viel von dem
Schmerz gelöst. Weil dann eben auch einfach andere Gefühle dazu
kamen: Dankbarkeit für die Nähe und die Tiefe in meinen
Beziehungen, das Bewusstsein, dass ich selber diese Nähe und Tiefe
und eben auch Schmerztiefe ja will... und einfach auch viel
Gelassenheit, Ruhe und Vertrauen, dass der Platz, an dem ich gerade
bin, eben doch der gerade genau richtige ist.
So
und dann zum Abschied (für heute) das Gedicht, das ich bald auch
noch mal etwas genauer für euch aufdröseln werde, da steckt nämlich
noch mehr drin, aber für heute reicht's erst einmal:
Jenseits
der Angst sind goldene Bäume gepflanzt
Der Sand ist
einverstanden, deine Spuren zu tragen
Es gibt
keinen Ort, der nicht dein ist
Und überall
liebt Violett
Von der
Linde werfe ich drei Tränen herab
Und höre
auf, mich herunter zu fragen
Es gibt
keinen Ort, der nicht du bist
Jenseits
der Angst sind goldene Bäume gepflanzt
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