Dienstag, 3. Februar 2015

Jenseits der Angst, Teil 1: Der richtige Platz

Heute habe ich mal etwas ganz anderes vor als sonst. Und zwar möchte ich euch die Gedanken, Einsichten, vielleicht auch tieferen Wahrheiten verraten, die in meinem Gedicht „Jenseits der Angst“ stecken. „Jenseits der Angst“ ist mein momentaner Lieblingstext von mir, eben gerade wegen den darin versteckten Bedeutungen, die ich fein säuberlich in kryptischer Bildersprache verborgen und verschlüsselt habe.
Inspiriert wurde „Jenseits der Angst“ vor allem von einer Vision/ einem Tagtraum/ einem Bild aus meinem Unterbewusstsein (ihr dürft euch für die Variante entscheiden, mit der ihr euch am meisten wohl fühlt), aus der ich für mich die Erkenntnis gezogen habe, dass der Platz, an dem ich jetzt gerade in meiner Beziehung bin, immer genau der richtige Platz im Hier und Jetzt ist.
Und Beziehung heißt für mich nicht unbedingt partnerschaftliche Beziehung... Im Gegenteil: ich kann mich vielleicht gerade von meinem Partner als Partner getrennt haben und dann ist auch das in der Beziehung zwischen uns als Menschen oder Seelen gerade der genau richtige Platz. Auch das alte Ehepaar vorm Fernseher, das gemeinsam im Schweigen versinkt, ist gerade genau am richtigen Platz. Und auch die zwei besten Freunde, die seit drei Jahren kein Wort mehr miteinander geredet haben, sind am genau richtigen Punkt in ihrer Beziehung. Genau jetzt für den Augenblick.
Meine Vision oder meine inneren Bilder haben sich auch tatsächlich auf jemanden bezogen, mit dem ich damals im Leben nicht in Kontakt stand. Diese Person, dieser Mann führte mich in einen dunklen Wald und dort zu einem Baum, vor dem eine weiße Leiter stand. Die bin ich dann auch hoch gestiegen, habe den Arm zum Himmel gehoben, einen Lichtstrahl aufgefangen und an ihn weiter gegeben, der dann den Wald golden getanzt hat. Bis dahin also ein sehr schönes Bild, das mir mein Unterbewusstsein gemalt hat, sehr symbolisch natürlich auch, aber unbestreitbar schön.
Naja, dann hätte ich als Mensch Jule aber gerne gesehen, wie ich die Leiter verlasse und zurück auf den Boden und eben auch zu dem Mann zurückkehre. Und das Lustige und Geniale an diesen Bildern aus dem Unterbewusstsein ist aber, dass sie wirklich einen eigenen Willen und eigene Gesetze haben. Natürlich kann ich bewusst ein Bild erzeugen, das mich auf dem Boden zeigt, aber dann ploppt eben wirklich eine Viertelsekunde später wieder ein Bild von mir auf der Leiter auf, das sich dann auch nicht verscheuchen lässt.
Irgendwann hab ich das dann auch bewusst akzeptiert, dass ich von der Leiter, von dem Baum anscheinend noch nicht runter soll und genau dann (natürlich!!!) hat sich das Bild verändert. Ich habe mich zwar immer noch nicht gesehen, wie ich den Baum verlasse, aber ich konnte zum ersten Mal den Baum bewusst wahrnehmen.
Mit dem Bild davor hatte ich mich nicht richtig wohl gefühlt. Ich hatte das Gefühl gehabt, ich bin zu weit weg von dem Mann, ich hatte Angst, getrennt zu sein. Und das veränderte Bild hat mir dann aber den Baum ganz klar gezeigt, hell, eine Linde oder eine Birke und irgendwie beides gleichzeitig, alles ganz sommerlich und freundlich und frei und leicht. Der Baum hat mir vielleicht ein bisschen zu sehr geschwankt für jemanden, der nicht schwindelfrei ist ;-), aber auch daran habe ich mich gewöhnt. Und ich konnte sehen, dass ich an einem tollen Ort bin, an einem Platz, an dem ich mich wohl fühlen kann, den ich genießen kann.
Und die Message, die ich daraus gezogen habe, war zum Einen, dass ich nie wirklich getrennt bin und es nur die Angst vor Trennung ist, die überhaupt erst Trennung schafft (dazu ein anderes Mal mehr). Zum Anderen, dass eben der Ort, der Platz, an dem ich gerade bin, in meiner Beziehung (und ich bin immer in einer Beziehung, ich kann gar nicht nicht in einer Beziehung sein, dazu aber auch ein anderes Mal mehr) auch genau der richtige Ort ist, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick überhaupt nicht so aussieht und sich auch nicht so anfühlt.
Ich war quasi ein bisschen wie die Braut, die vor lauter Angst, dass der Bräutigam sie noch kurz vor der Hochzeit verlassen könnte oder sonst noch irgendwas schief geht, das Brautkleid aussuchen und anprobieren nicht genießen kann. Und die Mädels stimmen mir bestimmt zu, dass das wirklich überaus tragisch ist ;-)
Um es mal konkret auf die Beziehungsebene zu bringen, könnte es dann zum Beispiel so aussehen, dass ich gerade in einem absolut heftigen Streit mit meinem Partner bin, bei dem Tassen durch die Gegend fliegen (oder auch nicht), und da mitten drin zu sein fühlt sich vielleicht erst Mal nicht gut an, aber auf den zweiten Blick tut es vielleicht uns beiden immens gut, mal Dampf abzulassen. Und das kann und darf ich dann auch genießen.
Ich bin auch vor allem deshalb auf die Idee gekommen, das hier heute aufzunehmen, weil ich mich selber erst vor kurzem an diese Erkenntnis erinnert hatte. Erinnert deshalb, weil ich sie (natürlich) vergessen hatte. Ich bin gerade in meinen Beziehungen an dem schönen Punkt, dass ich mich wirklich tief auf einige Menschen eingelassen habe, ich fühle mich also vielen Menschen in meinem Leben gerade sehr nah, was sehr schön ist. Und in letzter Zeit durfte ich aber auch erleben, dass Nähe oft eben auch ein Einssein im Schmerz bedeutet. So war das bei mir in letzter Zeit und ich habe da schon ein bisschen damit gehadert...
Ich habe gemerkt, dass der ganze Schmerz, der da in manchen meiner Beziehungen einfach da ist, doch wirklich viel von meiner Leichtigkeit und Lebensfreude geschluckt hat. Und ich konnte diesen Schmerzpunkt, an dem ich war, definitiv nicht als einen Punkt empfinden und sehen, an dem ich gerne bin oder freiwillig sein will.
Dann ist mir aber zum Glück bewusst geworden, dass unter dem Schmerz und so halb in den hinein gewoben einfach ganz viel Nähe ist. Je näher man jemandem ist, desto näher ist man eben auch automatisch irgendwo dessen Abgründen, Ängsten, Schmerzen, seiner Wut, seiner Traurigkeit. Ich wollte aber immer tiefe Bindungen in meinem Leben haben und die reichen dann irgendwo notgedrungen auch bis in die Schmerztiefen hinein.
Und als ich den Schmerzpunkt als einen Einssein-im-Schmerz oder einen Sich-Nah-Sein-im-Schmerz-Punkt sehen konnte, hat sich wundersamer, aber eigentlich auch gar nicht so erstaunlicher Weise viel von dem Schmerz gelöst. Weil dann eben auch einfach andere Gefühle dazu kamen: Dankbarkeit für die Nähe und die Tiefe in meinen Beziehungen, das Bewusstsein, dass ich selber diese Nähe und Tiefe und eben auch Schmerztiefe ja will... und einfach auch viel Gelassenheit, Ruhe und Vertrauen, dass der Platz, an dem ich gerade bin, eben doch der gerade genau richtige ist.
So und dann zum Abschied (für heute) das Gedicht, das ich bald auch noch mal etwas genauer für euch aufdröseln werde, da steckt nämlich noch mehr drin, aber für heute reicht's erst einmal:
Jenseits der Angst sind goldene Bäume gepflanzt
Der Sand ist einverstanden, deine Spuren zu tragen
Es gibt keinen Ort, der nicht dein ist
Und überall liebt Violett

Von der Linde werfe ich drei Tränen herab
Und höre auf, mich herunter zu fragen
Es gibt keinen Ort, der nicht du bist
Jenseits der Angst sind goldene Bäume gepflanzt


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